Zusammenfassung
Die Ätiologie der Obstruktion des Blasenhalses (LUTO) ist heterogen. Die häufigsten
Entitäten sind isolierte posteriore Urethralklappen oder eine Urethralatresie beim
männlichen Feten. LUTO bei weiblichen Feten ist häufig Teil eines komplexeren Fehlbildungsgeschehens.
Der natürliche Verlauf bei LUTO ist charakterisiert durch eine hohe Mortalität und
Morbidität aufgrund sich entwickelnden Lungenhypoplasie, die im Zusammenhang mit einer
ausgeprägten Oligo- oder Anhydramnie zum Zeitpunkt der kannaliculären Phase der Lungenentwicklung
(16.-24. SSW) steht. Die begleitende Nierenschädigung ist variabel und reicht von
geringen Einschränkungen der Nierenfunktion im Kleinkindalter bis hin zur Dialysepflichtigkeit
und Notwendigkeit der Nierentransplantation. Die Möglichkeit der pränatalen Intervention
zur Umgehung der Obstruktion ist biologisch plausibel und technisch erfolgreich durchführbar.
Vesiko-amniales Shunting und, zur Zeit noch seltener, die fetoskopische Zystoskopie
mit Laserablation der posterioren Urethralklappen sind mögliche minimal-invasive Therapieverfahren.
Die bisherigen Ergebnisse zeigen, daß die perinatale Sterblichkeit durch die pränatale
Therapie (vesiko-amniales Shunting oder fetoskopische Zystoskopie mit Laserablation
der posterioren Urethralklappen) verringert werden kann, jedoch derzeit keine Verbesserung
der Anzahl der Kinder mit postnatal normaler Nierenfunktion zu erreichen ist. Die
Auswahl der betroffenen Ungeborenen mit LUTO die von einer fetalen Therapie profitieren
können, wird derzeit dadurch beeinträchtigt, dass durch die Sonografie und die serielle
fetale Urinanalytik keine definitiv verlässlichen Prognosekriterien für die postpartale
Nierenfunktion abgeleitet werden können. Eine Schwäche der derzeit vorliegenden Untersuchungen
ist die fehlende Randomisierung. Aufgrund einer relevanten Komplikationsrate der intrauterinen
Eingriffe bei nicht klar belegter Effektivität sollten derartige Eingriffe nur in
hochspezialisierten Zentren erfolgen. Weitere Studien zur verbesserten Auswahl betroffener
Feten und zur früheren Therapie in der Schwangerschaft sind erforderlich. Die Daten
der prospektiv randomisierten multizentrischen PLUTO Studie der Universität Birmingham,
England (percutaneous shunting in lower urinary tract obstruction) könnten zu diesen
Fragen Aufschluss geben. Bis dahin sollte die Indikation zur intrauterinen Harnableitung
mit größter Sorgfalt und nach interdisziplinärer Beratung gemeinsam mit den Neonatologen,
den Kindernephrologen und den werdenden Eltern gestellt werden. Eine allgemeingültige
Handlungsanweisung zur fetalen Therapie bei LUTO kann auf dem Boden der derzeitigen
Daten nicht gegeben werden.
Abstract
The aetiology of urinary tract obstructions (LUTO) is heterogeneous. The most common
entities are isolated posterior urethral valves or urethral atresia in male foetuses.
In female foetuses LUTO is frequently a part of complex malformations. The natural
history of LUTO is characterised by high morbidity and mortality due to the development
of severe pulmonary hypoplasia caused by oligo- or anhydramnios affecting the cannalicular
phase (16–24 weeks of gestation) of pulmonary development. The degree of renal damage
is variable and ranges from mild renal impairment in infancy to end-stage renal insufficiency,
necessitating dialysis and transplantation. Foetal interventions in order to bypass
the obstruction are biologically plausible and technically feasible. Vesico-amniotic
shunting as well as (currently less frequent) foetoscopic cystoscopy and laser ablation
of posterior urethral valves are minimally invasive treatment options. Previous reports
indicate that prenatal therapy is suitable to reduce perinatal mortality but does
not improve postnatal renal function. Selection of foetuses who may profit from prenatal
intervention is aggravated by the lack of reliable prognostic criteria for the prediction
of postnatal renal function in both ultrasound and foetal urine analysis. Furthermore,
there is no randomised trial available at the time of writing. Because of a relevant
complication rate and still no clear evidence for foetal benefit, interventions should
be performed in specialised centres. Further studies are necessary to improve case
selection of affected foetuses and to evaluate the impact of interventions in earlier
gestational weeks. The data from the PLUTO trial (percutaneous shunting in lower urinary
tract obstruction) conducted by the University of Birmingham may help to answer these
questions. In the meantime selection of foetuses for prenatal intervention puts high
requirements on interdisciplinary counselling in every case. A general treatment algorithm
for foetal therapy is not available at the moment.
Schlüsselwörter
LUTO - Harnwegsobstruktion - obstruktive Uropathie - Nierenfunktion - Fetus
Key words
LUTO - urinary tract obstruction - obstructive uropathy - renal function - foetus